Onkel Armin

Onkel Armin
Hallo Ihr!

Mittwoch, 19. März 2014

Wer bin ich?

Ein Experiment in Frageform:

Wer bin ich?
Macht es überhaupt Sinn, diese Frage zu stellen?
Habe ich Angst vor dieser Frage?
Gibt es überhaupt so etwas wie SINN?
Und wenn ja, wieso ist es so verdammt schwer, ihn zu finden?
Und wenn wir sagen, Sinn ist das, was wir bestimmen... wieso macht uns unser Sinn nicht wirklich glücklich?
Wer bin ich wirklich?
Bin ich ein Zufall?
Gibt es ein Leben nach dem Tod?
(Und wenn nicht, war ich vor meiner Zeugung auch "noch" tot?)
Sind die Menschen, die ich kenne, zufällig in mein Leben getreten?
Gibt es so etwas wie Zufällt überhaupt, oder ist dieses Konzept nur eine Erfindung der modernen Wissenschaft in Ermangelung einer besseren Erklärung für unvorhersehbare Vorgänge?
Wieso ist das Leben so voller ... Probleme?
Wieso - wenn ein Problem gelöst ist - steht das nächste schon wieder vor oder in der Tür?
Weiss ich wirklich, was Liebe ist?
Wäre es erstrebenswert, IMMER glücklich zu sein?
Oder stimmt es, dass uns die schlimmern Zeiten die guten schätzen lassen?
Wieso sind dann aber die schlechten immer so lang?
Kann die Wahrheit sich ändern?
Und wenn ja, was war sie dann davor?

Wird die Welt jemals Frieden finden?
Werde ich jemals Frieden finden?
Hängt das irgendwie zusammen?
Habe ich womöglich noch keinen Frieden, weil ich nicht weiss, wer ich bin?
Gibt es einen Gott?
Und wenn ja, wo zur Hölle ist er/sie/es dann???
Wieso ist die Angst so schlimm?
Gibt es Schuld und Sünde?
Sind Täter wirklich Täter, oder sind sie nur Opfer, die die Seite gewechselt haben?
Ist Erziehung eine gute Sache?
Wieso müssen wir in die Schule?
Lernen wir uns selbst dort besser kennen? Lernen wir dort, glücklich zu sein?
Kann man anderen überhaupt irgendetwas beibringen?

Wie wird unsere Epoche in der fernen Zukunft - falls es denn eine geben wird - genannt werden? Goldenes Zeitalter oder dunkles?

Wird es eine Zeit geben, wenn es keine Fragen mehr gibt, vielleicht dann, wenn ich selbst wissen werde, wer zur Hölle ich bin...?

Freitag, 7. März 2014

Ansichten eines einigermassen liebevollen "Vaters"

Obwohl ich immer lieber die Rolle des Onkel innehatte, kam letztes Jahr ein kleines Wesen in mein Leben: Olivia adoptierte mich. Sie wollte nach einem Seminar - wir waren schon beim Zusammenpacken - einfach nicht mehr von meinem Arm, auch nicht zurück auf den ihrer Mutter.
Naja, und dann kamen ihre Mutter und ich zusammen, wir zogen zusammen und, schwups, hatte ich eine Familie für einige Zeit. Die Situation zwischen Kendra und mir ist jetzt wieder anders – doch das ist nochmal eine ganz andere Geschichte!


Wenn man ein Kind erziehen will, braucht man viel Zeit und Seelenfrieden.
Dieser Spruch ist von "Zen und die Kunst ein Motorrad zu warten" geklaut.
Wenn man mit Kindern zu tun hat, ist man sehr leicht dazu geneigt, dem Kind seine "Welt" aufzupfropfen, natürlich im besten Sinne des Kindes!
Doch da beginnt schon die Lüge. Leider.


Wenn ich mit Olivia den Weg in die Stadt gehe, für den ich allein nur 5 Minuten brauche, kann es sein, dass wir zusammen eine Stunde brauchen. Eine ganze Stunde. Es gibt so viel zu entdecken! Sie entdeckt Dinge, die ich schon lange nicht mehr sehe und jetzt wiederentdecken darf und muss.
Ich lasse sie. Ich will ihr nicht mein Tempo aufzwängen. Es ginge so viel Freude dabei verloren. Und ich liebe es, sie in ihrer Freude zu sehen und zu lassen. Dann ist es auch meine Freude.
Doch ich musste das erst lernen - sie zu lassen. Zuerst wollte ich meinen Willen durchsetzen. Erwachsene wissen ja schließlich, was gut ist für ein Kind! Ausserdem, wo kämen wir da hin, wenn man das kleine Monster einfach so walten lassen würde - es würde uns bald auf der Nase herumtanzen, ohne die "notwendigen" Grenzen!
Kinder brauchen Grenzen - ein beliebter und gut verkaufter Buchtitel. Da nicken gleich viele Eltern, Kinder müssen Respekt vor uns haben!
Doch wieso sind wir so erpicht auf Grenzen, vor allem für Kinder?
Damit es ihnen besser geht, wenn sie größer werden und noch mehr Grenzen erfahren werden? Wir bereiten sie sicherheitshalber schon auf die Enttäuschungen des Lebens vor?


Da beisst sich die Katze schön in den Schwanz, denn damit erschaffen wir doch erst "die Enttäuschungen im Leben"...! Wir tun so, als ob wir in die Zukunft schauen könnten, schauen aber in Wahrheit nur in die Vergangenheit - in unsere eigene schmerzhafte Vergangenheit, um genau zu sein. Wir wollen dem Kind ersparen, was uns widerfuhr, das uns nur widerfuhr, weil unsere Eltern uns etwas ersparen wollten...? Pervers!
Wann hört das auf? Wann hören wir auf, Verletzungen weiter zu geben?


Nun, Olivia ist meine Lehrerin darin, dass ich jetzt damit aufhören muss. Wann auch sonst?
Das Schöne ist, sie lässt mir gar keine grosse Wahl. Wenn ich sie zu etwas zwingen will, ist sie so traurig und verstört, dass es mir selbst schier das Herz zerreisst.
Und ich habe noch eines gemerkt. Sie ist sich durchaus dessen bewusst, dass auch ich einen Willen habe. Nach einer Weile - ich habe meinen Wunsch, weiterzugehen schon ein paarmal geäussert - geht sie dann auch mit mir weiter, obwohl sie gerne noch länger geblieben wäre.
Sie hat sich an etwas Neues gewöhnen können, statt ein Trauma des Heraus- und Weggerissenwerdens zu erdulden. Das braucht Zeit.
Kinder leben im Jetzt. Und die Unterbrechung von Aussen reisst ein Loch ins Gewahrsein dieses "Kontinuums". Das zumindest ist meine Theorie. Und sie bestätigt sich immer wieder.


Wir können nicht sagen, dass wir unser Kind lieben, und es dann ständig zum Weinen bringen, wegen so genannter äusserer Notwendigkeiten. Wenn wir uns ganz ehrlich fragen, was denn da so wichtig ist, dass es die Lebensfreude der Kleinen abtöten muss, dann sind es nur und letztendlich unsere alten Vorstellungen, wie die Dinge zu laufen haben (inklusive unserer Eile).
Natürlich, auch wir haben unsere Grenzen und wir brauchen uns auch nicht auf der Nase herumtanzen zu lassen...!
Und freilich, man hat auch nicht immer eine Stunde Zeit, um in die Stadt zu gehen, das ist schon klar. Doch wie oft glauben wir, wir hätten keine Zeit und stülpen dies den Kleinen über?
Aber Hand aufs Herz - wie ist denn das Machtverhältnis in unserer Beziehung zu unserem Kind wirklich? Wir sind doch diejenigen, die bestimmen und das letzte Wort haben - und für so einen kleinen Wurm ist das ganz schön frustrierend, immer über seinen Kopf hinweg entschieden zu bekommen.
Wenn ein Kind weint, dann befindet es sich gerade in der Hölle. Dies nicht ernst zu nehmen, weil wir „Erzogenen“ unsere Gefühle schon nuancierter (oder abgestumpfter?) erleben und ausdrücken können, führt nur zu weiteren Verletzungen.

Und wenn es nicht anders geht, weil da ein Auto oder eine Giftpflanze das Leben bedroht - oder gerne auch Geringeres, was manchmal Frust erzeugt - dann sollte der Frust auch ausgedrückt werden dürfen. Doch auch hier begrenzen Eltern gerne ihre Kinder. Es darf nicht einmal mehr geweint oder geschrien werden. Denn wir wollen ja nicht als schlechte Eltern dastehen! Und wir ertragen echte Emotionen garnicht mehr.
Doch der Frust muss raus, und wenn er das nicht in einem vertrauten, liebevollen Rahmen darf, dann wird er später destruktivere Kanäle finden, wie auf dem Weg in die Stadt, im Papierkorb bei der Schule, der nach jedem Wochenende voller Wodkaflaschen ist.
Kinder zeigen uns unsere seelischen Problemzonen - dafür sollten wir ihnen dankbar sein, uns vor ihnen verneigen und dann uns ändern.

Am Ende des Tages sind es die Entscheidungen, die wir in Liebe getroffen haben, die den Tag für beide Generationen gut machen. (Ob mir das jeden Tag gelingt, ist zweifelhaft.) Ob es Tränen gab, ist nicht entscheidend – denn die wird es immer mal wieder geben, auch ohne unser Zutun. Wichtig ist, ob sie sich zeigen und in unserer Liebe und Gegenwart auflösen durften. Dann werden wir auch morgen wieder den Seelenfrieden für „Erziehung“ haben. Wenn nicht, wird es ein Krampf und das hohe Ideal des „Glücks durch eigene Kinder“ nur eine Illusion sein.

Danke Olivia, dass Du mich gelehrt hast, eine Stunde in die Stadt zu brauchen, denn es gäbe keinen grösseren Verlust, als Dein Vertrauen, deine Freude und Deine Liebe...
Der Papierkorb mit Wodkaflaschen auf dem Weg in die Stadt ist Olivia (bis jetzt) noch nie aufgefallen.


Alles Liebe. Onkel Armin